Systemische Aufstellung
Systemische Aufstellung Rahmendaten
Zeit: 2-3 Stunden je nach Fragestellung
Ziel: Analysieren eines konkreten Problems, einer Akteurskonstellation oder eines Projektes
Material: ausreichend Platz in einem Raum (ohne Tische und Stühle)
wichtige Anmerkung: Aufstellungsarbeit ist in der Regel sehr intensiv und es kann passieren, dass Teilnehmer*innen an ihre persönliche Grenzen kommen. Wenn Teilnehmer*innen sich nicht aufstellen lassen wollen, ist dies unbedingt zu respektieren.
Hintergrund
Bei der Aufstellungsarbeit wird das Zusammenspiel von Akteuren innerhalb eines Systems analysiert, wobei es vorrangig darum geht, Wechselwirkungen unter den Systemteilen sichtbar zu machen und Einblicke in das Verhalten der Systemteile zu gewinnen. Dies geschieht durch Visualisieren und Externalisieren des inneren Bildes, das der Aufstellende vom Beziehungs-, Ordnungs-, Hierarchie-, Abhängigkeits- und Kommunikationsgeflecht des zu betrachtenden Systems hat. Dieses implizite Wissen über das System wird mithilfe von Personen oder Symbolen, die jeweils Teile des Systems repräsentieren, im Raum dargestellt. Hierfür werden die Systemteile durch den Aufstellenden intuitiv im Raum oder auf einem Tisch verteilt und die Beziehungen und Wechselwirkungen zwischen den Systemmitglieder*innen analysiert. Dabei gibt die räumliche Darstellung, besonders die Entfernung der Repräsentanten voneinander und deren Ausrichtung und Blickrichtung, ob sie einander ab- oder zugewandt sind, wichtige Informationen.
In der Literatur werden folgende Vorzüge der Aufstellungsarbeit genannt:
• Die bildhafte Darstellung fördert systemisches Denken.
• Die Externalisierung von implizitem Wissen macht Systemdynamiken leicht fassbar.
• Die Arbeit mit RepräsentantInnen oder Symbolen ermöglicht ein ‚Sich-Hineinversetzen’.
• Die Methode ist schnell, kostengünstig und benötigt keine aufwändige Vorbereitung.
Quelle: Martinuzzi, Galla, Kopp (2008): Systemische Evaluierung. Akteurszentrierte Evaluationen mit Akteursaufstellungen, in: ÖkologischesWirtschaften, Heft 4/2008.
Beispiel im WaCo-Kontext
Eine Mitarbeiterinitiative möchte in Ihrem Unternehmen ein verpflichtendes Nachhaltigkeitsprogramm einführen und hat dazu bereits ein Konzept ausgearbeitet. Bei der Präsentation des Konzeptes ist es zu Widerstand von anderen beteiligten Gruppen gekommen.
Ablauf
Die TeilnehmerInnen schlüpfen in dieser Übung in verschiedene Rollen:
- eine AufstellerIn,
- mehrere StellvertreterInnen
- eine LeiterIn
- eine bis mehrere BeobachterInnen.
Die Gruppe überlegt gemeinsam, welche AkteurInnen von der Einführung eines Nachhaltigkeitsprogramms betroffen wären (z.B. Geschäftsführung, SalonleiterInnen, Verwaltung, Auszubildende, PraktikanInnen, …). Eine Person stellt sich als „AufstellerIn“ bereit. Sie bittet Personen aus der Runde, sich als StellvertreterInnen für einen der jeweiligen Akteure im Raum aufzustellen (z.B. Julius steht für die Gruppe der ProfessorInnen). Die AufstellerIn positioniert die StellvertreterInnen so zueinander, wie sie glaubt, dass die AkteurInnen in diesem konkreten Fall zueinander stehen. Auch das Nachhaltigkeitssemester kann mittels einer StellvertreterIn aufgestellt werden. Sobald die AkteurInnen aufgestellt wurden, zieht sich der/die AufstellerIn zurück und beobachtet den weiteren Prozess.
Die LeiterIn befragt nacheinander die StellvertreterInnen, wie diese sich an ihrem Platz fühlen. Diese sollten nicht auf der kognitiven Ebene antworten (z.B. „Ich könnte mir vorstellen, dass die Verwaltung näher an der Geschäftsleitung stehen sollte, da es einen hohen Koordinationsaufwand geben wird.“) sondern vielmehr auf der emotionalen Ebene: z.B. „Ich (als Gast) fühle mich an dieser Stelle unwohl. Ich habe keinen Blickkontakt zu den Friseuren.“
Nachdem alle nacheinander geäußert haben, wie sie sich in der betreffenden Position fühlen, dürfen sie diese verlassen und sich so im Raum aufstellen, dass sie sich wohler fühlen. Die LeiterIn fragt die StellvertreterInnen erneut nach dem Wohlbefinden auf ihrem neuen Platz. Diese Abfolge wird wiederholt, bis möglichst alle den Platz gefunden haben, an dem sie sich wohl fühlen. Dennoch kann es sein, dass einige StellvertreterInnen keinen Platz finden, an dem sie sich 100% wohl fühlen.
Der Kreis wird aufgelöst, alle Stellvertreter_innen legen die ihnen zugewiesene Rolle wieder ab und setzen sich in den Kreis zurück. Sie geben ein kurzes Feedback zu Fragen wie:
- Wie ist es mir in der Rolle von X ergangen?
- Was hat mich überrascht?
Die BeobachterInnen schildern, wie sie die Aufstellung wahrgenommen haben.
- Was ist aufgefallen?
- Was hat sich verändert?
- Was war überraschend?
Im Anschluss teilt sich die Gruppe in Kleingruppen und reflektiert/ diskutiert darüber, an welchen Stellen Erkenntnisse aus der Aufstellung für das bestehende Problem gezogen werden können (z.B. eine bestimmte Akteursgruppe sollte stärker einbezogen werden/ eine Akteursgruppe wendet sich ab und ist nicht vom Projekt überzeugt → Wie kann es gelingen, hier Überzeugungsarbeit zu leisten?).
Anschließend erfolgt eine Vorstellung der Kleingruppenergebnisse im Plenum.
Den Abschluss bildet eine Reflexionsrunde/ Feedbackrunde.
Variante
Aufstellung mit Symbolen (für kleine Gruppen geeignet): Ist die Gruppe zu klein, um alle Teile des Systems aufzustellen, bietet es sich an mit Symbolen/ Gegenständen zu arbeiten (z.B. Steine, Stifte, Papierboot, Schnur, Kiste…). Jeder Gegenstand symbolisiert eine Akteursgruppe.
Möglicher Ablauf
Die Gruppe stellt sich die Frage: „Wie ist die Akteurskonstellation heute?“ und positioniert die Symbole entsprechend zueinander.
Welches Bild ergibt sich daraus?
Wie fühlt sich das an?
Die Gruppe reflektiert über die Ist-Situation.
In einem zweiten Schritt legt die Gruppe die Symbole so zueinander, wie sie idealerweise liegen sollten, damit das Projekt reibungslos abläuft bzw. das Problem gelöst werden kann.
Welches Bild ergibt sich?
Was ist anders im Vergleich zu dem ersten Bild?
Was ist jetzt besser?
Was muss passieren, damit (in der Realität) der Zustand des zweiten Bildes erreicht werden kann? (z.B. Akteursgruppe 1 und 2 müssen sich besser abstimmen, x und y sollten in unterschiedlichen Bereichen arbeiten, …).
Quellen: netzwerk n e.V. (Hrsg.): methodensammlung n (Stand: März 2017) und (1. Auflage Februar 2018)
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